An einem strahlendschönen Junitag im Jahr 1904 startete der Raddampfer ‚General Slocum‘ zu einer Ausflugsfahrt auf dem East River in New York. An Bord waren hauptsächlich deutsche Auswanderer der St.-Marks-Kirchengemeinde aus dem New Yorker Stadtteil ‚Little Germany‘. Die meisten von ihnen waren Frauen und Kinder. Der alljährliche Ausflug sollte die Gemeindemitglieder zu einem Picknick und zu Spaß und Plauderei zur Insel Long Island bringen. Sie sollten dort nie ankommen.
Ich muss gestehen, bevor ich den Zeitungsartikel in unserer Tageszeitung über diesen Ausflug gelesen hatte, hatte ich nicht gewusst, dass es den Stadtteil ‚Little Germany‘ in New York überhaupt gegeben hatte. ‚Chinatown‘, ja, und von ‚Little Italy‘ hatte ich gehört, aber ‚Little Germany‘? Vielleicht liegt es daran, dass es diesen Stadtteil heutzutage nicht mehr gibt. Schuld an der Auflösung dieses Viertels waren unter anderem (aber nicht ausschließlich) die Ereignisse des 15. Juni 1904, einem Tag, der mit Sonnenschein und lachenden Kindern auf dem Deck der ‚General Slocum‘ begann, und der so tragisch endete – für die meisten mit dem Tod durch Verbrennen oder durch Ertrinken.
Man weiß bis heute nicht sicher, was die Ursache des Feuers war, das diesen Tag in einer Katastrophe enden ließ. Vielleicht war es ein achtlos weggeworfenes Streichholz im Lampenraum des Schiffes. In diesem Raum lagerten u. a. Gläser und Vorräte, die mit schützendem Stroh umgeben waren. Bekannt ist auf jeden Fall, dass sich das Feuer von diesem Lagerraum aus rasend schnell ausbreitete. Ein Matrose, dem von einem kleinen Jungen berichtet worden war, dass dort Rauch zu sehen sei, hatte die Tür zum Feuerherd geöffnet und ließ diese nach kurzem erfolglosen Versuch, das Feuer selbst zu löschen, offen stehen, um Hilfe zu holen. Das Feuer saugte den frischen Sauerstoff ein und raste den Treppenschacht hinauf. Hinauf zu den Decks, auf denen sich über eintausend Menschen an ihrem freien Ausflugstag erfreuten, hinein ins heitere Geplauder und in die Musik von George Maurers deutscher Kapelle, die mit guter Tanzmusik zum Gelingen des Ausflugs beitragen sollte.
Es war eine halbe Stunde nach der Abfahrt, als der dichte Rauch durch den Treppenschacht drang und dieser kurze Zeit später Panik an Bord auslöste. Nun könnte man meinen, auf einem Fluss sollte der Kapitän das Schiff doch möglichst schnell an Land bringen können, doch Kapitän van Schaick entschied sich dagegen und versuchte stattdessen, die im Fluss gelagerte Insel North Brother Island anzusteuern. Bei voller Fahrt, was einerseits verständlich ist, möchte man das brennende Schiff doch möglichst schnell ans Ufer bringen, was aber andererseits durch den Fahrtwind zu einer rasend schnellen Ausbreitung des Feuers führte und insbesondere die Menschen bedrohte, die sich im Heckbereich befanden. Panisch klammerten sie sich an die Reling, wissend, dass hinter ihnen eine Feuerwand heranrauschte und vor ihnen die Tiefen des East Rivers lagen. Und die meisten von ihnen mit dem Wissen, dass sie das Schwimmen nicht gelernt hatten. Sie nicht. Und ihre Kinder auch nicht.
Warum aber schwenkte Kapitän van Schaick das Schiff nicht einfach zur Seite und fuhr einen der Piers an? Einerseits ist ein Schiff kein Auto, das sich so leicht gegen Strömungen und Fahrrinnen lenken lässt, andererseits war er in Sorge darum, dass diese brennende Fackel, die er steuerte, im dicht besetzten Hafen weitere Schiffe anstecken könnte, insbesondere Tanker mit hochexplosiven Materialien. Fest steht, dass diese Feuerfahrt über eintausend Menschen (offiziell gezählt wurden 1031) das Leben kostete. Über eintausend Menschen an einem strahlenden Mittwochmorgen – im Feuer gefangen oder mit Rettungswesten von Bord gesprungen und im Wasser ertrunken. Denn da die Rettungswesten, die damals aus Kork bestanden, veraltet waren, war der Kork verklumpt. Und alter Kork schwimmt im Wasser nicht oben, sondern saugt sich voll und zieht schwer nach unten. Und mit sich zog er die Frauen, Männer und Kinder auf den Grund des East Rivers.
Trotz dieser offensichtlichen Sicherheitsmängel war Kapitän van Schaick letztendlich der Einzige, der eine Haftstrafe erhielt. Die Knickerbocker Steamboat Company mit ihrem Präsidenten Frank A. Barnaby und auch die für die Sicherheitskontrolle zuständigen Mitarbeiter des United Steamboat Inspection Services (USSIS) schafften es, die Prozesse abzuwehren.
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